Boswel­lia­säuren – Der Wirk­stoff im Weihrauch

Boswel­lia­säuren – Der Wirk­stoff im Weihrauch

Boswel­lia­säuren sind natür­liche chemi­sche Verbin­dungen, die im Weih­rauch­harz des Weih­rauch­baumes (latei­nisch Boswellia) vorkommen. Sie sind der Haupt­wirk­stoff verschie­dener Boswellia-Produkte und Gegen­stand einer Reihe von Studien. Aber welche Boswel­lia­säuren gibt es und welche davon sind rele­vant? Dieser Artikel erklärt zudem das Problem der Verwer­tung des Inhalt­stoffs im Körper und wie man die Einnahme verbes­sern kann. Spielt eine hohe Dosie­rung tatsäch­lich eine Rolle oder gibt es andere Optionen?

Chemi­sche Zusammensetzung

Boswel­lia­säuren sind ein Inhalts­stoff des Weih­rauchs. Sie gehören zu Terpenen, einer Gruppe chemi­scher Verbin­dungen, die als sekun­däre Pflan­zen­stoffe in der Natur vorkommen. Diese besitzen 2 Struk­turen: α‑Boswelliasäure (Oleanan-Typ) und β‑Boswelliasäure (Ursan-Typ). Bisher gibt es 5 bekann­tere Boswelliasäuren:

  • 3‑O-Acetyl-α-boswel­lia­säure
  • 3‑O-Acetyl-11-keto-α-boswel­lia­säure
  • 3‑O-Acetyl-β-boswel­lia­säure (AcBA)
  • 11-keto-β-boswel­lia­säure (KBA)
  • 3‑O-Acetyl-11-keto-β-boswel­lia­säuren (AKBA)

Bereits am Namen kann man erahnen, welche Struktur die Säuren haben und worin sie sich unter­scheiden. Manche Boswel­lia­säuren enthalten z.B. in der Mitte, am 11. Kohlen­stoff­atom im dritten Ring, eine Keto­gruppe, also eine chemi­sche Struktur, bei der ein Sauer­stoff-Atom mit einer Doppel­bin­dung an die Kohlen­stoff-Kette gebunden ist. Andere besitzen am „Anfang“ ihrer Struktur, am dritten Kohlen­stoff­atom im ersten Ring, ein Sauer­stoff-Atom, an dem eine soge­nannte Acetyl­gruppe hängt (d. h. eine Carbo­nyl­gruppe aus einem Kohlen­stoff mit doppelt gebun­denem Sauer­stoff und einer Methyl­gruppe aus einem Kohlen­stoff und drei Wasser­stoffen). Acetyl­gruppen sind beispiels­weise in Aspirin zu finden.

Chemische Formeln der Boswelliasäuren KBA und AKBA
Die effek­tiven Boswel­lia­säuren KBA und AKBA enthalten Sauerstoffatome.
Chemische Formeln von Boswelliasäuren
Die effek­tiven Boswel­lia­säuren KBA und AKBA enthalten Sauerstoffatome. 

Wirkung von Boswelliasäuren

Nicht alle Boswel­lia­säuren haben eine phar­ma­ko­lo­gi­sche Wirkung[1]. Es gibt jedoch zwei, die mehr Aufmerk­sam­keit erhalten: Die Boswel­lia­säuren 11-keto-β-boswel­lia­säure (KBA) und 3‑O-Acetyl-11-keto-β-boswel­lia­säure (AKBA) sollen die größte gesund­heit­liche Wirkung aufweisen. In einer Studie der Univer­sität Tübingen entdeckten die Wissen­schaftler, dass die beiden Boswel­lia­säuren die Leuko­trien-Konzen­tra­tion im Gewebe von Ratten senken konnten. Mit diesem Mecha­nismus ließe sich die oft beob­ach­tete entzün­dungs­hem­mende Wirkung beim Menschen logisch erklären.[2]

Zudem konnte eine Hemmung der Prosta­glan­din­syn­these durch KBA und AKBA beob­achtet werden. Einige Prosta­glan­dine verstärken Entzün­dungs­re­ak­tionen sowie die Schmerz­wahr­neh­mung. Eine Redu­zie­rung dieser Faktoren könnte folg­lich bei zahl­rei­chen Erkran­kungen hilf­reich sein. 

In einer weiteren Studie konnten die Forscher die Beson­der­heit der Boswel­lia­säure AKBA heraus­stellen. Bei der Unter­su­chung wurde heraus­ge­funden, dass AKBA am stärksten eine Hemmung von 5‑Lipoxygenase (5‑LO) hervor­rufen kann.[3] 5‑LO ist eines der wich­tigsten Enzyme beim Aufbau von Leuko­trienen und dem Einleiten sowie Aufrecht­erhalten von Entzün­dungs­re­ak­tionen im Körper. 

Leuko­triene

Leuko­triene sind Signal­stoffe, die in Verbin­dung mit aller­gi­schen und entzünd­li­chen Reak­tionen, z.B. Asthma bron­chiale, auftreten.

Weitere Studien unter­suchten bereits einen konkreten Einsatz von Weih­rauch bei diversen Erkran­kungen. So konnte eine posi­tive Wirkung von Weih­rauch bei Rheuma und insbe­son­dere Arthrose fest­ge­stellt werden. Zudem soll das Harz Psyche und Gedächtnis positiv beein­flussen sowie Schmerzen lindern. 

Biover­füg­bar­keit von Boswelliasäuren

Boswel­lia­säuren sind lipophile Stoffe, d. h. sie sind fett­lös­lich und nicht wasser­lös­lich. Eine Studie der Univer­sität Gießen konnte fest­stellen, dass nach einer oralen Einnahme Weih­rauch­ex­trakte oft trotzdem nicht in Blut­ana­lysen aufzu­finden waren oder nur in sehr geringen Mengen. [4] Das liegt an der geringen Biover­füg­bar­keit von Boswel­lia­säuren. Ähnli­ches wird eben­falls bei Curcumin, einem Inhalts­stoff von Kurkuma beobachtet.

Was ist Bioverfügbarkeit?

Die Biover­füg­bar­keit zeigt an, wie schnell und in welcher Menge ein Stoff im Körper aufge­nommen wird und verar­beitet werden kann. Je höher der Wert, desto besser kann der Stoff verwertet werden.

Da unser Verdau­ungs­trakt wasser­lös­liche Stoffe am besten verar­beiten kann, ist es für fett­lös­liche Stoffe proble­ma­tisch, durch die Darm­wand und in die Blut­bahn zu gelangen. Das Ergebnis: Sie werden zum Groß­teil unge­nutzt wieder ausge­schieden. Genau das passiert mit Boswel­lia­säuren, die in Form von Boswel­lia­harz oder Weih­rauch-Kapseln oral einge­nommen werden. Was ist aber die Lösung? Die meisten Präpa­rate setzen auf eine hohe Dosie­rung. Manche Menschen möchten jedoch nicht zu viele Kapseln schlu­cken oder vertragen keine großen Mengen Weihrauch.

Boswelliasäuren mit Mizellen durchdringen problemlos die Darmwand.
Mithilfe der Mizellen können die Boswel­lia­säuren einfa­cher ins Blut gelangen und ihre Wirkung entfalten.

Die moderne Forschung bietet mitt­ler­weile eine bessere Option: Mizellen. Mizellen sind eine Anord­nung von wasser­lös­li­chen Lipiden, die eine Schicht um die fett­lös­li­chen Boswel­lia­säuren bilden. Dadurch können sie die Darm­wand passieren und ihre Wirkung im Körper entfalten. Auf eine hohe Dosie­rung kommt es dabei nicht mehr an, da nicht nur ein Bruch­teil der Boswel­lia­säuren in die Blut­bahn gelangt, sondern die meisten von ihnen.

Auf diese Weise können beispiels­weise bereits 50 mg Mizell-Weih­rauch­ex­trakt mit 20-facher Biover­füg­bar­keit wie 1000 mg normaler, nativer Extrakt wirken.

Boswel­lia­säuren in Weihrauchsorten

Es gibt einige verschie­dene Weih­rauchs­orten. Sie unter­scheiden sich nicht nur nach ihrer Herkunft, sondern auch nach dem Vorkommen ihrer Inhalts­stoffe. Nicht alle von ihnen enthalten beispiels­weise Boswel­lia­säuren oder zumin­dest keine nennens­werten Mengen. Die Forscher der Univer­sität Tübingen haben den jewei­ligen Gehalt an lipophilen Boswel­lia­säuren in den verschie­denen Sorten unter­sucht und sind zu folgendem Ergebnis gekommen[5]:

  • Boswellia serrata: 12–20%
  • Boswellia sacra: 11–19%
  • Boswel­lias frereana: nicht messbar (zu niedrig)
  • Boswellia papy­rifera: nicht messbar (zu niedrig)

Als einzige medi­zi­nisch rele­vante Sorte gilt in Europa Boswellia serrata (Indi­scher Weih­rauch). Er wird im Euro­pean Phar­ma­co­poiea 6.0 (Euro­päi­sches Arznei­buch) beschrieben und ist für den phar­ma­ko­lo­gi­schen Gebrauch frei­ge­geben. Dabei dienen die Boswel­lia­säuren AKBA und KBA als ein Maßstab für die Qualität dieser Weihrauchsorte.

Fazit

Boswel­lia­säuren sind der wich­tigste Inhalts­stoff von Weih­rauch. Ihre Wirkung wird in Studien unter­sucht und der Einsatz bei diversen Krank­heiten getestet. Die Ergeb­nisse, inbe­son­dere bei Entzün­dungen sind viel­ver­spre­chend, weshalb Weih­rauch bereits in der Phar­ma­ko­logie genutzt wird. Eine Schwie­rig­keit bei der Einnahme von Boswel­lia­säuren ist die nied­rige Biover­füg­bar­keit. Aus diesem Grund werden haupt­säch­lich hoch­do­sierte Weih­rauch-Kapseln auf dem Markt ange­boten. Es gibt jedoch mitt­ler­weile eine Methode, Boswel­lia­säuren auf eine bessere Art dem Körper zur Verfü­gung zu stellen. Mizellen-Weih­rauch erleich­tert ihnen den Zugang in die Blut­bahn, sodass bereits nied­rige Mengen eine hohe Wirkung erzielen können.

Quellen

[1] Du Z, et al., 2015, Pros­pects of Boswellic Acids as Poten­tial Phar­maceu­tics, thieme​-connect​.de, Abge­rufen am 17.10.2019

[2] Ammon H. P. T., et al., 1991, Inhi­bi­tion of Leuko­triene B4 Forma­tion in Rat Peri­to­neal Neutro­phils by an Etha­nolic Extract of the Gum Resin Exudate of Boswellia serrata, thieme​-connect​.de, Abge­rufen am 17.10.2019

[3] Safayhi H., 1992, Boswellic acids: novel, specific, nonredox inhi­bi­tors of 5‑lipoxygenase, https://​www​.ncbi​.nlm​.nih​.gov/, Abge­rufen am 17.10.2019

[4] Heide­meier A., 2006, Entwick­lung und Anwen­dung von Methoden zur phar­ma­ko­ki­ne­ti­schen Unter­su­chung von Boswel­lia­säuren, geb​.uni​-giessen​.de, Abge­rufen am 17.10.2019

[5] Prof. Dr. Oliver Werz, Weih­rauch in der Therapie: Phar­ma­ko­lo­gi­sche Wirk­sam­keit oder doch nur Hokus­pokus?, Seite 4, uni​-muenster​.de, Abge­rufen am 10.10.2019