Weih­rauch­baum – kost­bare Pflanze aus karger Landschaft

Weih­rauch­baum – kost­bare Pflanze aus karger Landschaft

Der Weih­rauch ist den meisten Menschen mit seiner zitro­nigen Duft­note aus der Kirche bekannt. Das Harz, das bei der Beweih­räu­che­rung dafür Verwen­dung findet, wird aus dem Weih­rauch­baum gewonnen. Dieser Artikel gibt einen Über­blick über den Weih­rauch­baum, seine Herkunft, Botanik und die Weih­rauch­harz-Ernte sowie den Symbo­lismus in der Geschichte verschie­dener Völker. 

Botanik und Herkunft von Weihrauch

Weih­rauch­pflanzen gehören zu den Balsam­baum­ge­wächsen. Andere Namen dafür sind Boswellia, Olibanum, Thus (latei­nisch) oder Fran­kin­cense (englisch). Die Bäume wachsen in trockenen Step­pen­ge­bieten mit einer kargen Land­schaft und kalk­hal­tiger Erde. Oft sind diese hoch gelegen und haben ein Wüsten­klima mit geringer Luft­feuch­tig­keit. Die Boswellia-Bäume finden sich häufig zwischen Felsen und Klippen. Sie wachsen haupt­säch­lich in Trocken­ge­bieten des afri­ka­ni­schen Horns, dem Nahen Osten und Indien. Dadurch, dass die Weih­rauch­bäume soge­nannte sukku­lente Pflanzen sind, also Wasser spei­chern können, haben sie die Möglich­keit lange in solchen Gebieten zu über­leben.[1]

Ein Weih­rauch­baum wächst manchmal nicht allein. Die Pflanzen können kleine Wälder bilden und dabei gut wachsen und gedeihen. Sie werden 1,5 bis 8 Meter hoch. Jedoch wachsen sie sehr langsam und brau­chen viel Zeit, um eine gewisse Größe zu errei­chen. Erst mit 5 bis 6 Jahren beginnt die Pflanze über der Erde zu wachsen. So lange benö­tigen die Wurzeln zur Entwick­lung.[1] Ihr Stamm ist knorrig und hat eine papier­ähn­liche abblät­ternde Rinde. Der Blüten­stand ist verzweigt und kann bis zu 25 cm lang werden. Die Blätter bilden eine fächer­ar­tige Form.[1,2]

Die Blätter des Weih­rauch­baums haben das Aussehen eins Fächers.

Weih­rauch­baum selbst pflanzen – geht das?

Weih­rauch­bäume lassen sich schwer verpflanzen oder in Plan­tagen anbauen. Dafür gibt es noch zu wenig Erfah­rung, wie Spröss­linge aufge­zogen werden und über­leben können. Aus diesem Grund sind die meisten Vorkommen von Weih­rauch­bäumen natür­lich entstanden und nicht von Menschen ange­pflanzt. Trotzdem werden manchmal auch bei uns Weih­rauch­bäume zum Kauf ange­boten. Da hier jedoch kein passendes Klima für sie herrscht, ist es sehr schwer selbst einen Weih­rauch­baum groß­zu­ziehen.[1]

Verschie­dene Weihrauchsorten

Bisher gibt es etwa 25 bekannte Weih­rauchs­orten. Nicht alle von ihnen werden zur Harz­ge­win­nung genutzt. Diese vier Boswellia-Sorten sind jedoch am bekann­testen: Boswellia serrata, Boswellia sacra/carterii, Boswellia frereana und Boswellia papy­rifera.[2]

Jede Sorte enthält dabei ähnliche Inhalts­stoffe. Der Unter­schied liegt in der Zusam­men­set­zung: Manche Sorten beinhalten mehr Boswel­lia­säuren, andere mehr äthe­ri­sche Öle. Im Durch­schnitt besteht jede Weih­rauchs­orte aus etwa:

  • 75% Gummi­harz mit Boswelliasäuren
  • 20% Schleim­stoffen
  • bis zu 8% äthe­ri­schen Ölen
  • bis zu 2,7% Incensol[2]

Incensol

Ein Inhalts­stoff des Weih­rauchs, der Angst­ge­fühle und Depres­sionen mindern soll. Aus diesem Grund wird dem Weih­rauch eine stim­mungs­auf­hel­lende Wirkung nachgesagt. 

Boswellia serrata – Indi­scher Weihrauch

Boswellia serrata wird auch „Indi­scher Weih­rauch“, „Salal­baum“ oder „Olibanum Indicum“ genannt. Dieser Weih­rauch­baum ist in den bergigen Gebieten Indiens zuhause. Zweimal im Jahr erfolgt die Weih­rauch­harz-Ernte: Im März und Juni. Das Beson­dere an dieser Weih­rauchs­orte ist, dass sie als einzige in Europa für den medi­zi­ni­schen Gebrauch beschrieben wird. Das Euro­päi­sche Arznei­buch [3] defi­niert Quali­täts­stan­dards, wie den notwen­digen Gehalt an Boswel­lia­säuren, für den indi­schen Weih­rauch, da er in der Phar­mazie Anwen­dung findet. Die World Health Orga­niza­tion (WHO) beschreibt in ihrem Mono­gra­phen Vol. 4[4] sogar den medi­zi­ni­schen Einsatz des Weih­rauch­harzes von Boswellia serrata bei Arthritis, Asthma und Morbus Crohn. Auch die Euro­pean Scien­tific Coope­ra­tive on Phytho­the­rapy (ESCOP) publi­zierte in ihrer wissen­schaft­li­chen Samm­lung zu Heil­pflanzen einen Abschnitt über indi­schen Weih­rauch.[5] Damit ist Boswellia serrata offi­ziell die einzige Weih­rauchs­orte, die medi­zi­nisch von Bedeu­tung ist.

Boswellia sacra/carterii – Soma­li­scher Weihrauch

Die Sorte Boswellia sacra, oder Boswellia carterii wird auch „Soma­li­scher Weih­rauch“ oder „Arabi­scher Weih­rauch“ genannt. Er stammt aus Somalia, Jemen und Oman, kommt aber auch in anderen Gegenden vor. Das Harz dieser Weih­rauchs­orte ist oft honig­gelb und hat beim Verbrennen einen weniger zitro­nigen Duft als andere Sorten.

Boswellia frereana

Boswellia frereana stammt eben­falls aus Somalia. Der Weih­rauch dieser Sorte wird oft als Maydi benannt und enthält kaum Boswel­lia­säuren.[6] Nichts­des­to­trotz gilt sie als wert­voll und teuer, da die Weih­rauch­bäume oft an schwer zugäng­li­chen Stellen wachsen, zum Beispiel an Klippen und in Schluchten. Die Einwohner nutzen den Weih­rauch­harz oft als Kaugummi.

Boswellia papy­rifera

Boswellia papy­rifera ist eine Weih­rauchs­orte aus Äthio­pien, Eritrea und dem Sudan. Diese Sorte wird häufig in der Kosmetik einge­setzt, da sie eine beson­ders zitro­nige Duft­note besitzt. Zudem soll ihr Weih­rauch­harz entzün­dungs­hem­mend wirken. Deshalb wird Boswellia papy­rifera bei Cremes, Parfüms und Seifen hinzu­ge­geben. Außerdem findet er in der Kirche als Räucher­werk Anwendung.

Die Weih­rauch­harz-Ernte

Damit das Harz austreten kann, wird die Rinde des Weih­rauch­baums abge­tragen. Dabei entstehen Harz­tropfen, die gesam­melt werden.

Das Weih­rauch-Harz wird ein bis zweimal im Jahr geerntet. Jeder Baum kann jähr­lich bis zu 10 kg Harz produ­zieren. Dabei wird die Baum­rinde mehrere Wochen im Voraus bear­beitet, sodass die gummi­ar­tige Substanz austreten kann. Es gibt verschie­dene Tech­niken zur Gewin­nung des Weih­rauch-Harz. Eine Möglich­keit ist es, tiefe Schnitte in die Baum­rinde zu schneiden. Dabei werden die Kapil­lare, die das Harz produ­zieren, verletzt.

Die zweite – scho­nen­dere – Methode besteht darin, die Baum­rinde abzu­schaben. Bei diesem Vorgang werden mehrere Zenti­meter große Rind­flä­chen abge­tragen, sodass die Kapil­lare frei­liegen und das Harz austreten kann. Die Rinde wird häufig an mehreren Stellen gleich­zeitig entfernt. Je größer der Baum, desto mehr Stellen werden frei­ge­legt. Sobald das Weih­rauch-Harz heraus­tritt, stehen einige Wochen Warte­zeit an, bis er ausge­härtet ist und gesam­melt werden kann. Dieser Vorgang wird mehr­mals wiederholt.

Qualität von Weihrauch-Harz

Früher wurde das Harz aus dem ersten Ernte­vor­gang häufig wegge­worfen, da es als minder­wertig galt. Die Harz­tropfen sind dabei oft sehr klein, nur wenige Milli­meter groß und haben eine dunkle Farbe. Große und helle Harz­tropfen werden jedoch als quali­tativ hoch­wertig ange­sehen. Diese entstehen erst bei nach­fol­genden Ernten. Ob sich die Qualität dabei tatsäch­lich unter­scheidet, wurde bisher jedoch nicht bestä­tigt. Heut­zu­tage wird auch Weih­rauch-Harz aus dem ersten Ernte­vor­gang an den Kunden gebracht.

Damit die Bäume nach zahl­rei­chen Ernte­vor­gängen über mehrere Jahre nicht eingehen, sollten sie einige Jahre ruhen und sich von der Ernte erholen. Erst danach sollte wieder Harz geerntet werden. 

Weih­rauch als Symbolpflanze

Weih­rauch wird bereits seit mehreren Tausend Jahren von diversen Völkern, sowohl in Riten als auch in der Medizin, verwendet. In der Antike haben unter anderem Ägypter, Römer und Israe­liten ihre Häuser und Tempel beweih­räu­chert, da Weih­rauch als gött­li­cher Räucher­stoff galt. Er symbo­li­sierte die Reini­gung, Vereh­rung und das aufstei­gende Gebet zu Gott bei den Römern. Im Orient galt er als der Duft des Himmels. Die Ägypter benutzten ihn beim Mumifizieren.

„Den Göttern Weih­rauch, den Menschen Lob.“ — Pythagoras

Damals war Weih­rauch ein kost­bares Handelsgut, dessen Herkunft geheim gehalten wurde. So kennt man aus der christ­li­chen Liturgie, dass die Heiligen Drei Könige als wert­volle Geschenke dem Christ­kind Weih­rauch, Gold und Myrrhe mitge­bracht haben. Der Begriff Weih­rauch leitet sich aus dem althoch­deut­schen wihrouch ab und bedeutet so viel wie „heiliges Räucherwerk“.

Was „heilig“ war, war früher auch oft „heilend“. So wurde Weih­rauch für Salben und zur Behand­lung von Wunden, zur Stim­mungs­auf­hel­lung, aber auch bei Arthritis einge­setzt. Obwohl der Weih­rauch für einige Zeit aus dem medi­zi­ni­schen Fokus verschwunden war, nimmt neuer­dings das Inter­esse für Heil­pflanzen wie Weih­rauch wieder zu.

Weih­rauch­baum vs. Weihrauchpflanze

Verwechs­lungs­ge­fahr gibt es mit der Weih­rauch­pflanze, die bota­nisch nicht mit dem Weih­rauch­baum verwandt ist. Der Harfenstrauch, auch Plec­tran­thus coleo­ides, ist eine Balkon‑, bezie­hungs­weise Zimmer­pflanze, die hier­zu­lande problemlos gekauft werden kann. Sie strömt einen markanten Duft aus, der Motten und Mücken vertreiben soll und als Hänge­pflanze deko­rativ wirkt. Zwar stammt diese Pflanze aus Indien, mit dem echten Weih­rauch­baum hat sie jedoch nichts gemein.

Fazit

Der Weih­rauch­baum ist bereits seit Jahr­tau­senden in Asien und Europa bekannt. Haupt­säch­lich wurde sein Harz früher in Riten und bei reli­giösen Zere­mo­nien verwendet. Da die Bäume in kargen, teil­weise schwer erreich­baren, Gegenden wachsen und nur schwer zu kulti­vieren sind, gilt der Weih­rauch bis heute als ein wert­volles und kost­bares Produkt. Dank der Rück­be­sin­nung auf Natur­heil­mittel steigt heut­zu­tage auch zuneh­mend das wissen­schaft­liche Inter­esse an der Heil­kraft und Wirkung von Weihrauch.

Quellen

[1] Plan­tura, Weih­rauch-Baum: Experten-Tipps zum Kaufen, Pflanzen & Pflegen, plan​tura​.garden, Abge­rufen am 10.10.2019

[2] Wiki­pedia, Weih­rauch, de​.wiki​pedia​.org/​w​i​k​i​/​W​e​i​h​r​auch, Abge­rufen am 10.10.2019

[3] Das Phar­ma­co­poeia Euro­paea Mono­graph #2310, extranet​.edqm​.eu, Abge­rufen am 10.10.2019

[4] WHO Mono­graph Vol. 4, 48–60, apps​.who​.int, Abge­rufen am 10.10.2019

[5] ESCOP, Books, escop​.com, Abge­rufen am 10.10.2019

[6] Prof. Dr. Oliver Werz, Weih­rauch in der Therapie: Phar­ma­ko­lo­gi­sche Wirk­sam­keit oder doch nur Hokus­pokus?, Seite 4, uni​-muenster​.de, Abge­rufen am 10.10.2019