Neurologische Erkrankungen bilden ein weites Feld an Krankheitsbildern, wobei viele dieser Erkrankungen noch nicht gut erforscht sind. Der Überbegriff „neurologische Krankheit“ umfasst dabei alle Erkrankungen, die mit dem Gehirn und Nervensystem in Verbindung stehen. Dazu zählen beispielsweise Parkinson, Alzheimer, Epilepsie, Multiple Sklerose aber auch Schlaganfälle. Die Ursachen sind vielseitig: Neurologische Erkrankungen können genetisch bedingt sein, oder aber durch Infektionen, Traumata und Autoimmunerkrankungen ausgelöst werden [1].
Viele neurologische Erkrankungen hängen dabei mit Entzündungen zusammen. Daher ist es wichtig, sich mit dem Thema Ernährung auseinander zu setzen, wenn man sich vor solchen Krankheiten schützen will. Denn viele Lebensmittel enthalten Pflanzenstoffe, welche Entzündungen lindern und dadurch Krankheitsprozesse beeinflussen. Unter mehreren Nahrungsmitteln mit entzündunsghemmenden Fähigkeiten, ist besonders Weihrauch ein interessantes Super Food. Die enthaltene Boswelliasäure greift nämlich direkt in Entzündungsprozesse im Körper ein und hemmt die verantwortlichen Enzyme [2]. Ob Weihrauch effizient bei Entzündungen und damit bei neurologischen Erkrankungen hilft, soll im Folgenden genauer beleuchtet werden.
Wirkprinzip
Weihrauch ist das Harz von Bäumen der Boswellia Gattung und wird aus der Rinde des Baumes durch Erhitzen gewonnen. Trocknet das austretende Harz, so verhärtet es und wird als Tropfen geerntet. Aus dem Harz wird dann ein Extrakt gewonnen, welcher zu Tabletten oder Kapseln weiterverarbeitet wird [3].
Weihrauch hat entzündungshemmende Eigenschaften, die hauptsächlich auf den enthaltenen Boswelliasäuren beruhen. Sie wirken auf verschieden Entzündungsmechanismen im Körper wie die entzündungsfördernden Enzyme 5‑Lipoxygenase und Cyclooxygenase‑2. Diese Enzyme produzieren die Botenstoffe Leukotrien und Prostaglandin. Leukotriene sind entzündungsfördernde Botenstoffe, die eine wichtige Rolle im Immunsystems spielen. Sie werden von verschiedenen Immunzellen produziert und verstärken durch das Binden an spezifischen Rezeptoren den Entzündungsprozess. Sie fördern die Erweiterung und Durchlässigkeit von Blutgefäßen und rufen weitere Immunzellen zum Ort der Entzündung. Dies verstärkt die Rötung, Schwellung und den Schmerz bei einer entzündlichen Erkrankung [4].
Prostaglandine regulieren ebenfalls Entzündungs- und Schmerzreaktionen im Körper. Sie werden von verschiedenen Immunzellen produziert. Wie die Leukotriene nehmen sie Einfluss auf die Gefäßweite, Durchlässigkeit von Blutgefäßen und anderen Entzündungssymptome. Außerdem spielen sie eine Rolle bei der Vermittlung von Schmerzen, Rötungen, Schwellungen und Fieber. Auch sie modulieren die Entzündung und schwächen sie entweder ab, oder verstärken sie [5].
Die Boswelliasäure des Weihrauchs greift also aktiv in den Entzündungsprozess ein und kann diesen verringern. Dies ist interessant für neurologische Erkrankungen, da diese auch häufig mit Entzündungen zusammenhängen:
Entzündungen und neurologische Erkrankungen
Entzündungsprozesse spielen eine entscheidende Rolle bei vielen neurologischen Erkrankungen. Liegen akute Verletzungen oder Infektionen vor, so dient die Entzündung als Schutzmechanismus, um die Heilungsprozesse zu unterstützen. Eine chronische Entzündung hingegen führt zur Schädigung der Nervenzellen und des Gewebes. Sie kann dadurch neurologische Erkrankungen verursachen oder sogar verschlimmern. Entzündungsprozesse spielen eine wichtige Rolle bei Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Alzheimer, Parkinson und bei Schlaganfällen.
Es wird vermutet, dass Entzündungsmediatoren wie Zytokine und Chemokine die Schädigung der Nervenzellen verstärken und somit zur Krankheit führen. Die genauen Mechanismen sind jedoch noch nicht vollständig bekannt [6,7].
Eine besonders entscheidende Rolle spielt dabei die sogenannte Neuroinflammation. Dieser Begriff bezeichnet eine entzündliche Reaktion im Gehirn oder Rückenmark, die als Reaktion auf verschiedene neuronale Erkrankungen auftritt. Die Ursachen sind weitreichend von Infektionen und Hirnverletzungen bis hin zu neurodegenerativen und Autoimmunerkrankungen [8].
Neurologische Symptome
Die Symptome und Ursachen verschiedener neurologischer Erkrankungen erscheinen auf den ersten Blick sehr vielschichtig und unterschiedlich. Die Hauptgründer ähneln sich in den meisten Fällen jedoch stark: Ein schädlicher Einfluss wie eine neurodegenerative Erkrankung, eine Infektion oder eine verminderte Blutzufuhr führt zum Absterben der Neurone. Dadurch werden Verknüpfungen zum zentralen Nervensystem zerstört, was sich als kognitive Defizite äußert. Das umfasst unter anderem sensorische Störungen, Störungen von Motorik, Sprache oder die Beeinträchtigung des Gedächtnisses. Jedoch kann es auch zu Veränderungen der Persönlichkeit und der Emotionen, wie bei der Alzheimer Erkrankung kommen.
Eine Entzündung ist die Antwort des Körpers auf eine Gewebeschädigung oder Infektion. Es ist eine natürliche Abwehrreaktion, die den schädlichen Einfluss bekämpfen und die betroffene Stelle schützen soll. Entzündungen werden durch viele Faktoren ausgelöst wie Verletzungen, Infektionen, allergische Reaktionen, Autoimmunerkrankungen oder Stress. Immunzellen bewegen sich zum Ort der Störung und beginnen ihre Arbeit. Um das Immunsystem zu unterstützen, weiten sich die Blutgefäße und es kommt mehr Flüssigkeit zum Entzündungsherd. Dies äußert sich im Erwärmen und Anschwellen der Stelle. In den meisten Fällen ist eine Entzündung etwas Gutes und zeigt an, dass der Körper sich wehrt und heilt. Kommt es jedoch zu chronischen Entzündungen, so richten diese oft viel Schaden an. In manchen Fällen stellen sie sogar die eigentliche Ursache des Krankheitsbildes dar. Die Behandlung ist abhängig von dem Grund der Entzündung. Medikamente wie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und ein Umstellen der Ernährung und der Lebensgewohnheiten (Rauchen) helfen in den meisten Fällen [9].
Studien zu Weihrauch und neurologischen Erkrankungen
Verschiedene Studien befassten sich bereits mit den Auswirkungen von Weihrauch auf verschiedene neurologische Erkrankungen. Ein paar davon sollen hier einmal beleuchtet werden:
Alzheimer
Bei der Alzheimer Erkrankung lagern sich im Gehirn sogenannte Plaques an. Diese führen unter anderem zu einem Verlust von Synapsen und dadurch Gedächtnisstörungen. Dieser Prozess wird durch chronische Entzündungen beschleunigt. Um die Effekte von Weihrauch zu testen, wurde in Ratten die Alzheimer Erkrankung ausgelöst. Den Tieren wurde dann für mehrere Wochen entweder ein herkömmliches Medikament oder Weihrauch gegeben. Nach Beendigung des Experiments zeigte sich, dass die Einnahme von Weihrauch die Plaque-Produktion signifikant verringert. Außerdem wurde der oxidative Stress reduziert, was auf die entzündungshemmende Wirkung von Weihrauch zurückzuführen ist.
Parkinson
Die Parkinson-Krankheit beschreibt eine Verfassung des Körpers, in der die motorischen Fähigkeiten stark eingeschränkt werden. Ursache dafür ist ein schnelles Absterben von Neuronen in sogenannten motorischen Bahnen. Die Einnahme von Weihrauch resultierte hierbei in einer höheren Zahl lebender Zellen. Der Effekt ging dabei auch mit einer reduzierten Symptomlast einher.
Demenz
Eine Demenz ist streng genommen keine Krankheit, sondern zunächst einmal eine Symptomkonstellation. Bei einer Demenz haben Betroffene Probleme mit dem Lernen und dem Gedächtnis. Die Ursachen sind vielfältig, wobei Alzheimer die häufigste Form der Demenz darstellt. Andere Formen sind die vaskuläre Demenz, die frontotemporale Demenz, oder auch eine begleitende Demenz bei Parkinson. Durch das Unterstützen der Neuronen und dendritischen Zellen im Gehirn, konnte das Gedächtnis von 70-jährigen Probanden nach Einnahme von Weihrauch verbessert werden. Dabei wird der entzündungshemmenden Wirkung eine zentrale Rolle zugesprochen.
Multiple Sklerose
Multiple Sklerose ist eine chronisch-entzündliche neurologische Erkrankung des zentralen Nervensystems. Charakteristisch ist ein Verlust der Myelinscheiden um die Nerven herum. Fehlen diese, ist die elektrische Übertragung durch die Nerven gestört. Betroffene erleben Einschränkungen in ihren motorischen und kognitiven Fähigkeiten und auch Veränderungen ihrer Persönlichkeit. Im Rahmen einer Weihrauch-Studie erhielten Patienten mit multipler Sklerose zweimal täglich für zwei Monate einen Weihrauch-Extrakt. Dabei verbesserten sich unter der Einnahme messbar die verbalen und visuellen Fähigkeiten der Patienten. Außerdem kam es zu einer Reduktion des Gedächtnisverlust, der oft mit einer multiple Sklerose eon hergeht.
Schlaganfall
Schlaganfälle gehören zu den Haupttodesursachen weltweit. Ursache ist meist eine Unterbrechung der Blutzufuhr im Gehirn. Der häufigste Grund hierfür ist eine Verstopfung der Blutgefäße. Man spricht auch vom ischämischen Schlaganfall. Dieser wird meist von einer Entzündung begleitet. Die Einnahme von Weihrauch konnte auch hier bei der Entzündung helfen. Die Einnahme wirkte sich dabei schützend auf die Neuronen und Blutgefäße aus [10].
Mizell-Weihrauch für bessere Bioverfügbarkeit?
Als limitierender Faktor bei der Anwendung von Weihrauch gilt die sogenannte Bioverfügbarkeit. Dieser Begriff beschreibt, wie gut eine Substanz aus dem Darm auch ins Blut gelangt [11]. Gerade bei neurologischen Erkrankungen ist dieser Faktor besonders wichtig. Denn um im zentralen Nervensystem zu wirken, muss eine Substanz im Blut zusätzlich noch die sogenannte Blut-Hirn-Schranke passieren. Dabei handelt es sich um ein System von Zellen, das verhindert, dass Substanzen aus dem Blut ins Gehirn gelangen. Das Passieren dieser Hürde stellt auch für viele Medikamente ein Problem dar [12].
Eine sogenannte mizellare Darreichungsform ist nach aktuellem Wissenstand die beste Darreichungsform von Weihrauch. Die hoch-fettlöslichen Boswelliasäuren werden dabei von einer Hülle aus amphiphilen Molekülen umschlossen. Amphiphil bedeutet hierbei, dass sie sowohl fett‑, als auch wasserlösliche Anteile besitzen. Dadurch können sie sich in wässriger Umgebung so ausrichten, dass sie kleine kugelige Gebilde formen: Die sogenannten Mizellen [13].
Die Mizelle kann dann mit der Membran der Darmzellen verschmelzen und erleichtert so die Aufnahme der Boswelliasäuren. Dieser Prozess steigert massiv die Bioverfügbarkeit [13], wobei der Effekt hier noch nicht zu enden scheint: Für Curcumin, eine andere fettlösliche Substanz, konnte man zeigen, dass mizellares Curcumin offenbar auch bis ins Nervensystem gelangt. So konnte man in Patienten mit Hirntumoren, die über längere Zeigt mizellares Curcumin bekommen hatten, relevante Curcumin-Konzentrationen in den raus operierten Tumoren finden [14]! Es ist zwar unklar, ob sich dieser Effekt auch auf Weihrauch übertragen lässt. Jedoch spricht einiges für das therapeutische Potential von Boswelliasäuren in Mizell-Form.
Fazit
Neurodegenerative Erkrankungen umfassen ein weites Feld an verschiedenen Krankheitsbildern. Die Symptome variieren stark, die Hauptursache ist jedoch in den meisten Fällen ein Absterben von Nervenzellen. Neuronale Krankheiten gehen häufig einher mit Entzündungen, welche das Krankheitsbild entweder auslösen oder verschlimmern. Eine gute Ergänzung bestehender Therapien könnte hierbei Weihrauch sein. Die enthaltenen Boswelliasäuren greifen direkt in den Entzündungsprozess ein, indem sie die Produktion von entzündungsfördernden Botenstoffen unterbinden.
Für mehrere Krankheiten wie beispielsweise Alzheimer oder Parkinson wurde in Studien bereits die positive Wirkung des Weihrauchs demonstriert. Dabei steht zwar ein abschließendes Fazit aus der Wissenschaft noch aus. Es spricht jedoch vieles dafür, dass Weihrauch eine sinnvolle Ergänzung im Rahmen einer ganzheitlichen, entzündungshemmenden Therapie sein kann. Speziell mizellarer Weihrauch bietet das Potential, hier in Zukunft Anwendung zu finden.
Quellen
- Neurologische Erkrankungen: Arten, Symptome — NetDoktor.de (2.7.2023)
- Siddiqui MZ. Boswellia serrata, a potential antiinflammatory agent: an overview. Indian J Pharm Sci. 2011 May;73(3):255–61. doi: 10.4103/0250–474X.93507. PMID: 22457547; PMCID: PMC3309643.
- Weihrauch: Der natürliche Entzündungshemmer (zentrum-der-gesundheit.de) (2.7.2023)
- Ricciotti E, FitzGerald GA. Prostaglandins and inflammation. Arterioscler Thromb Vasc Biol. 2011 May;31(5):986‑1000. doi: 10.1161/ATVBAHA.110.207449. PMID: 21508345; PMCID: PMC3081099.
- Serhan CN, Levy BD. Resolvins in inflammation: emergence of the pro-resolving superfamily of mediators. J Clin Invest. 2018 Jul 2;128(7):2657–2669. doi: 10.1172/JCI97943. Epub 2018 May 14. PMID: 29757195; PMCID: PMC6025982.
- Entzündliche und immunologische Erkrankungen – Neurologie | Ev. Klinikum Bethel — Ihr Krankenhaus in Bielefeld (evkb.de) (2.7.2023)
- McGeer PL, McGeer EG. Inflammation and the degenerative diseases of aging. Ann N Y Acad Sci. 2004 Dec;1035:104–16. doi: 10.1196/annals.1332.007. PMID: 15681803.
- Heneka MT, Carson MJ, El Khoury J, Landreth GE, Brosseron F, Feinstein DL, Jacobs AH, Wyss-Coray T, Vitorica J, Ransohoff RM, Herrup K, Frautschy SA, Finsen B, Brown GC, Verkhratsky A, Yamanaka K, Koistinaho J, Latz E, Halle A, Petzold GC, Town T, Morgan D, Shinohara ML, Perry VH, Holmes C, Bazan NG, Brooks DJ, Hunot S, Joseph B, Deigendesch N, Garaschuk O, Boddeke E, Dinarello CA, Breitner JC, Cole GM, Golenbock DT, Kummer MP. Neuroinflammation in Alzheimer’s disease. Lancet Neurol. 2015 Apr;14(4):388–405. doi: 10.1016/S1474-4422(15)70016–5. PMID: 25792098; PMCID: PMC5909703.
- Inflammation (nih.gov) (3.7.2023)
- Rajabian A, Sadeghnia H, Fanoudi S, Hosseini A. Genus Boswellia as a new candidate for neurodegenerative disorders. Iran J Basic Med Sci. 2020 Mar;23(3):277–286. doi: 10.22038/IJBMS.2020.35288.8419. PMID: 32440312; PMCID: PMC7229515.
- Varatharaj, A., & Galea, I. (2017). The blood-brain barrier in systemic inflammation. Brain, Behavior, and Immunity, 60, 1–12. https://doi.org/10.1016/j.bbi.2016.03.010
- Pandit, R., Chen, L., & Götz, J. (2020). The blood-brain barrier: Physiology and strategies for drug delivery. Advanced Drug Delivery Reviews, 165–166, 1–14. https://doi.org/10.1016/j.addr.2019.11.009
- Meins, J., Behnam, D., & Abdel-Tawab, M. (2018). Enhanced absorption of boswellic acids by a micellar solubilized delivery form of Boswellia extract. NFS Journal. https://doi.org/10.1016/j.nfs.2018.04.001
- Dutzmann, S., Schiborr, C., Kocher, A., Pilatus, U., Hattingen, E., Weissenberger, J., Gessler, F., Quick-Weller, J., Franz, K., Seifert, V., Frank, J., & Senft, C. (2016). Intratumoral Concentrations and Effects of Orally Administered Micellar Curcuminoids in Glioblastoma Patients. Nutrition and Cancer, 68(6), 943–948. https://doi.org/10.1080/01635581.2016.1187281